Mittwoch, 5. September 2018

Rezension: Siddhartas letztes Geheimnis

DVA 
Rezension


ERICH  FOLLATH

SIDDHARTAS  LETZTES  GEHEIMNIS   
Eine Reise über die Seidenstraße zu den Quellen des Buddhismus

Der Titel ist etwas unglücklich gewählt. Es geht in dem Buch nicht hauptsächlich um den Gründer des Buddhismus Siddharta Gautama, sondern um den chinesischen Mönch Xuangzang, der sich auf Reisen nach Indien begibt, um zum Ursprung der buddhistischen Lehren zu gelangen und um dort alte Manuskripte zu studieren.

Der Journalist und Ostasienkenner Erich Follath setzt sich auf die Spuren des in Indien und China berühmten Mönchs und reist per Flugzeug, Bus und Taxi in rund einem Jahr durch sieben Länder, während der Mönch im 7. Jahrhundert noch 70 Königreiche und etliche hohe Berge überwinden musste, um zum Geburtsort des Siddharta Gautama in Nordindien zu gelangen. Seine Reise dauerte mehr als 16 Jahre. Heute sind nur noch Visa nötig, doch im 7. Jahrhundert halfen nur Empfehlungsschreiben und ausreichende Geschenke und Lasttiere, um möglichst unbeschadet von einem Ort zum anderen zu reisen. Dennoch setzten dem chinesischen Mönch aus dem heutigen Luoyang Stürme, Schnee und Räuber zu und er verlor einmal fast die Hälfte seiner Begleiter und Tiere und ein anderes Mal etliche Manuskripte auf dem Rückweg in seine Heimat.

„Kann es sein, dass Gott nur stört?“ fragt sich der Autor im  Vorwort und führt Interviews mit einem Kardinal-Erzbischof, einem Großayatollah und einem indischen Höhepriester. Er hat dabei aber eher das Gefühl mit gewieften Politikern als mit ehrbaren Männern der Religion zu sprechen.

Doch was macht den Buddhismus aus, der keinen Gott kennt, sondern auf „Gewaltlosigkeit, Mitgefühl und Achtung vor der Natur“ setzt ? Dazu spricht der Autor mit dem Dalai Lama und dieser empfiehlt ihm, auf den Spuren des Mönchs Hsüang Tsang oder Hiuen Tsiang oder auch Xuangzang nach Indien zu reisen und diese Reise ist der Inhalt des vorliegenden Buches.

Nach dem Tod seiner Eltern wächst Chen Yi, wie Xuangzang als Kind heißt, mit seinen Brüdern in einem buddhistischen Kloster seiner Heimatstadt auf. Er lernt Sanskrit, um die heiligen Schriften lesen zu können, doch kommen ihm Zweifel. Bei der Auslegung der Texte zerfällt der Buddhismus in verschiedene Schulen und Xuangzang grübelt, ob die Erleuchtung nur Mönchen zu Teil wird oder allen Menschen.
Während seines Studiums der Lehren Buddhas kommt er zu dem Schluss, dass er die Wahrheit nur in der Heimat Buddhas finden kann und so packt er seine Sachen und begibt sich immer weiter nach Westen an den Rand des chinesischen Reiches der Tang-Dynastie. Trotz des Verbots des Kaisers China zu verlassen, treibt ihn sein Plan voran. Er will nach Nordindien pilgern zum Geburtsort Siddhartas, zum heiligen Baum, zum Kloster Nalanda, zu den Stätten an denen Buddha gewirkt hat und vor allem die Manuskripte an der Originalbibliothek studieren und übersetzen. Tatsächlich gelingt ihm das, die Reise nimmt ein gutes Ende und Xuangzang wird am Ende ein guter Freund und Berater des Kaisers, der vor ihm stirbt. Xuangzang bleibt im Palast als Vertrauter und wirkt, auch unter dem Sohn des Kaisers, bis er 664 stirbt.

Bis heute wird Xuangzang in China und in Indien verehrt und der Autor stand immer wieder vor Standbildern des Pilgers. Xuangzang vergaß allen seinen Aufgaben nicht, seine eigene Geschichte und die Reiseerlebnisse aufschreiben zu lassen und so liegen bis heute der Reisebericht und seine Aufzeichnungen vor. Diese hat nun Erich Follath als Grundlage genommen und schildert sehr interessant die heutige Situation in den bereisten Orten. Manche Städte in China sind kaum wieder zu erkennen und um die ursprünglichen Plätze zu finden, muss er sich mehrmals erkundigen, so versteckt liegen sie heute. Der Autor kennt Asien durch seine Arbeit gut  und hat die Orte mehrmals während seiner journalistischen Tätigkeit besucht und so lassen sich Vergleiche aus den 1980er Jahren bis heute anstellen.
Ein Teil der gereisten Strecke nimmt die alte Seidenstraße ein und auch die neue Seidenstraße ist ein spannend geschriebenes Thema und man erfährt vieles, was man nur hört, wenn man mit den Leuten vor Ort spricht wie, z.B. den massenhaften Übertritt zum Buddhismus vieler Inder, was in der offiziellen Statistik ignoriert wird.

Autor:
Erich Follath, 1949 geboren, ist promovierter Politikwissenschaftler und bekannter Sachbuchautor. Lange Jahre war er für den SPIEGEL als Diplomatischer Korrespondent und als Auslandschef tätig, unterwegs war er vor allem im Nahen Osten, auf dem indischen Subkontinent und in Ostasien. Über die Geschichte dieser Regionen, über die Menschen und ihre Kulturen hat er zahlreiche Reportagen geschrieben. Seine Bücher »Das Vermächtnis des Dalai Lama« (2007) und »Die neuen Großmächte« (2013) wurden zu Bestsellern. Für »Jenseits aller Grenzen« (2016) hat er innerhalb eines Jahres die wichtigsten Stationen des Ibn Battuta besucht und die Eindrücke mit seinen früheren Reiseerlebnissen vereint. (Verlagstext)

Fazit:
Ein sehr interessantes und spannend geschriebenes Buch. Bilder des Autors ergänzen den Text. Die Lehre des Buddhismus wird allerdings nur in einem kurzen Überblick beschrieben, das letzte Geheimnis Siddhartas, wie der Titel lautet, ist der Inhalt einer Herz-Sutra, wobei diese erst am Ende des Buches nur kurz angesprochen wird. Wer also mehr über Siddharta und den Buddhismus erfahren möchte, greift lieber zu einem eindeutigeren Titel.
Wer sich aber über die Reise des berühmt gewordenen chinesischen Mönchs Xuangzang (602 - 664) und vor allem über die heutige Lage in den bereisten Ländern informieren möchte, dem sei dieses Buch durchaus zu empfehlen.

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