RENA ROSENTHAL
DIE HOFGÄRTNERIN - Frühlingsträume
Roman
Roman
Marleenes Traum ist es, wie ihr Vater, in der
Hofgärtnerei arbeiten zu können. Sie liebt Blumen über alles, besonders einen seltenen
zweifarbigen Flieder. Doch vorerst bleibt dies ein Traum, denn um 1891 hat sie
keine Chance als Mädchen eine Lehrstelle zu bekommen.
Nachdem ihr Vater gestorben ist, bleibt Marleene und
ihrer Mutter nichts anderes übrig, als das schöne Haus mit den vielen
Fliedersträuchern zu verlassen. Da ihre Mutter krank ist, muss Marleene für den
Unterhalt sorgen. Sie hat Glück, dass sie eine Anstellung als Zimmermädchen in
einem Hotel hat. Eines Tages findet sie in einem Gästezimmer beim Aufräumen die
Preisliste der Hofgärtnerei und die Sehnsucht nach einer Arbeit dort, kehrt
zurück. Zweimal wurde sie bereits abgewiesen, die Arbeit in einer Gärtnerei ist
nichts für Frauen, die viel zu schwach dafür sind, glaubte man damals.
Mit ihrer Cousine Frieda, die eine Verkäuferinnen-Lehre
in einem Blumengeschäft anfängt, teilt Marleene sich ein ärmliches Zimmer. Auch
sonst halten die beiden Mädchen zusammen, auch wenn dies im Laufe der
Geschichte nicht immer einfach ist.
Denn Frieda lernt Manilo kennen, der sich in der
Hofgärtnerei um die Pflanzen in der Orangerie kümmert, die im Winter warm
gehalten werden müssen. Er kommt aus Italien und kennt sich mit den Zitronen,
Orangen und weiteren Pflanzen der Mittelmeerregion bestens aus. Außerdem stehen
hier die Blumen für die Blumenläden in der Stadt Oldenburg, in der die Handlung
spielt. Doch nach einer schlechten Erfahrung hat Frieda Angst ihrer Cousine von
der neuen Freundschaft mit Manilo zu erzählen.
Auch Marleene hat ein Geheimnis. Nach einem Besuch bei ihrer
Mutter, steht für sie fest: sie muss
ihren Traum wahrmachen und Gärtnerin werden. Wie hat ihr Vater immer gesagt: „Du
musst schon selbst dafür sorgen, dass du glücklich bist…“
Eine richtige Lehre will sie und keine Stelle als
Hilfsarbeiterin, die nur Unkraut zupfen darf und bei der sie nicht einmal so
viel verdient, um das Zimmer ihrer Mutter zu bezahlen.
Marleene weiß, dass in der Hofgärtnerei dringend Arbeiter
gebraucht werden. Der Lehrling wurde hinausgeworfen, weil er Pflanzen gestohlen
hat, einer hat eine bessere Stelle gefunden und ein anderer Mitarbeiter ist
schon länger krank.
Fest entschlossen kramt sie ihre Sachen zusammen, von
denen sie hoffte, ein wenig auf dem Kramermarkt verkaufen zu können und schafft
sich vom Erlös ein weites Hemd, eine Kappe und lange Hosen an. Nun noch die
Haare abschneiden und dann konnte sie als Junge durchgehen, oder ?
Und tatsächlich, nach einer etwas holperigen Vorstellung
und mit Glück kann sie als Marten eine Lehrstelle in der Hofgärtnerei
ergattern. Denn beinahe hätte der Besitzer, Alexander Goldbach, sie wieder
weggeschickt, als er sieht, wie schmächtig der „Junge“ ist. Die schwere Arbeit mit
den Bäumen, würde der Junge bestimmt nicht schaffen und wir haben sowieso kaum
Geld, denkt er bei sich.
In dem Moment kommt ein Paar, das sich vor einigen Tagen
in der Gärtnerei ziemlich lange umgesehen hat und unentschlossen wieder ging.
Missmutig begrüßt Alexander Goldbach die Kunden und lässt Marten einen Moment
stehen, so dass dieser das Gespräch mitverfolgt. Nach längerem Hin und Her wollen
die Kunden Apfelbäume für eine Allee kaufen. Doch da kommt Marten eine Idee und
er schaltet sich in das Gespräch ein, um den Kunden Kastanien anzubieten, denn
Apfelbäume werden nicht so hoch, dass Kutschen darunter hindurchfahren können
und Kastanien sind stattlicher und höher. Und Obstbäume können die Kunden doch
trotzdem pflanzen. Damit überzeugt Marten den Hofgärtnereibesitzer von seinem
Verkaufstalent und dieser gibt ihm eine Chance.
Nun beginnt für Marleene/Marten eine aufregende Zeit. Sie
lernt die Mitarbeiter sowie die Familie Goldbach kennen und trifft auf ihre „Schulfeindin“
Rosalie, Tochter des Hauses und ihre Brüder, die Marleene während der Schulzeit
einen bösen Streich spielten. Sie lernt viel und sieht zum ersten Mal
Rhododendren, die Julius, der zweite Sohn, von einer Chinareise mitgebracht
hat. Der erste Sohn Konstantin hat ein „besonderes“ Auge auf sie geworfen.
Wird
sie ihre Tarnung aufrecht erhalten können ? Und wie lange ? Lesen Sie selbst…..
Fazit:
Ein rundum lesenswerter Roman über eine Hofgärtnerei,
seine Mitarbeiter, nebst Pflanzen. Er spielt Ende des 19. und Anfang des 20.
Jahrhunderts im Oldenburger Land. Noch heute findet in Westerstede, der Hauptstadt
des Ammerlandes, alle vier Jahre eine Rhododendron-Messe statt, denn im Norden
Deutschlands, in der sauren Moorbeeterde gedeihen Rhododendren, Azaleen, Heiden
u.a. besonders gut.
Rena Rosenthal ist es ein Anliegen, die Situation von
Frauen um 1890 in der Arbeitswelt darzustellen, gerade auch die von
Gärtnerinnen. Sie zeigt, wie schwierig es für Frauen war, den Beruf lernen zu
können, den sie liebten und nicht den Beruf, der von ihnen standesgemäß
erwartet wurde. Dass ein Zimmermädchen (auch Hilfsarbeiterinnen) vor
Nachstellungen und Übergriffen männlicher Gäste nicht gefeit ist, ist leider bis
heute Tatsache. Daneben ist auch die Arbeitszeit ein
wichtiges Thema im Roman, denn diese war damals noch nicht auf acht Stunden
geregelt.
Tatsächlich haben die Eltern und die Schwester der Autorin eine Gärtnerei
und so lassen sich sehr viele Beschreibungen im Roman, wie die Tätigkeiten und
das Verhalten der Mitarbeiter, natürlich die Arbeit mit den Pflanzen, etc. gut
und glaubwürdig nachvollziehen, die sich bis heute kaum geändert haben, wie das
Schneiden und Veredeln von Stecklingen.
Ein gelungener Roman, aus dem leicht erkennbar wird, dass
die Autorin weiß wovon sie schreibt mit ihrem gärtnerischen Hintergrundwissen.
Die Spannung um die Enthüllung Martens wird bis zum Schluss aufrechterhalten.
Die Autorin wählt eine gute Ausdrucksweise, des macht Freude, das Buch zu lesen. Und am
Ende erfährt man noch, was man alles mit Flieder machen kann….